Beschluss der Vollversammlung 03.12.2007: Gegen die Schließung der Kultur in den Bezirken
04.12.2007:
Gegen die Schließung der Kultur in den Bezirken – Beschluss auf der Vollversammlung 03.12.2007
Der Rat für die Künste konstatiert mit Erschrecken aktuell eine massive Beschädigung der Kultur in den Bezirken, die im Zuge der Beschlussfassung der bezirklichen Haushalte im Herbst 2007 vollzogen wurde. Wegfall von Stellen, Kürzungen der Veranstaltungs- und Werbebudgets sowie der Summen für Betriebskosten führen dazu, dass z.B. der traditionsreiche Saalbau Neukölln vermietet, Bibliotheken geschlossen, Musikschullehrer trotz langer Wartelisten eingespart, Fördermittel für Künstler gestrichen werden. Diese ganze Ebene der Kulturarbeit, Basis der Berliner Kultur, ist nicht nur „von Schließung bedroht“, es ist bereits damit begonnen worden. Damit verfehlt die Regierungskoalition eine ihrer zentralen Aussagen, dass an Kunst und Kultur nicht gespart werden soll, sondern dass sie im Gegenteil ein Garant für Zukunftsentwicklung sei.
Der Rat für die Künste fordert:
• Die jüngsten Panik-Kürzungen, Schließungen und Verlagerungen durch die Bezirksämter sind zurückzunehmen. Durch Kulturkonzepte und Kulturentwicklungspläne müssen sie ihre Kulturarbeit vor kurzsichtigen und vorschnellen Eingriffen sichern.
• Dem langfristig stattgefundene Abbau der Kulturarbeit in den Bezirken muss ein Ende gesetzt werden; die Notwendigkeit von Kultur in den Sozialräumen der Stadt ist anzuerkennen. Um den gerade stattfindenden Verfall zu bremsen, müssen die Mittel des Bezirkskulturfonds, angesiedelt beim Regierenden Bürgermeister, kurzfristig erhöht werden. Der Regierende Bürgermeister als Ressortzuständiger darf sich nicht länger aus dieser Entwicklung mit der Behauptung der Nicht- Zuständigkeit heraushalten. Der Senat und das Abgeordnetenhaus bestimmen die Rahmenbedingungen, prägen die Inhalte des Haushalts und tragen die Verantwortung für die Folgen – oder sie korrigieren ihre Entscheidungen.
• Die Kosten-Leistungs-Rechnung, die in ihrer Berliner Handhabung zum fatalen Werkzeug der Kulturverelendung in den Bezirken geworden ist, muss – wie in anderen –Bundesländern geschehen – grundsätzlich neu gedacht und in ihrer jetzigen Form außer Kraft gesetzt werden
• Das Prinzip der gleichen Lebens- und Arbeitschancen in allen Gebieten der Stadt muss auch für die Kultur gelten, insbesondere in ihren Basisfunktionen der Teilhabemöglichkeit für die Bevölkerung und der Schaffung von angemessenen Produktionsmöglichkeiten für Künstler. Dies erfordert ein Kulturkonzept für die ganze Stadt, das die im neuesten Sozialstrukturatlas Berlin deutlichst gewordenen Verwerfungen zwischen Arm und Reich ebenso berücksichtigt wie die Migrationsbewegungen – auch in finanzieller Hinsicht.
Der Rat für die Künste fordert den Senat wie die bezirklichen Gremien auf, die jüngsten, meist in Haushaltspanik entschiedenen Schließungen und Kürzungen zu stornieren und gemeinsame Wege zu finden, eine kulturelle Verarmung der Bezirke zu stoppen.