OFFENER BRIEF Zur Situation in Ungarn vom 04.12.2012
04.12.2012:
Zur Situation in Ungarn:Seit die Regierung von Viktor Orbán im Amt ist, sind für viele Freidenkenden die Räume enger >>> geworden. EU-weite Aufregung und Unverständnis erzielte das neue Mediengesetz Anfang 2011, das nach Zureden der meisten Fraktionen des EU-Parlaments und vieler weiteren Gremien sowohl aus der Politik, als auch aus gesellschaftlichen Organisationen etwas abgeschwächt, aber immer noch rechtskräftig gilt. Bei der Filmförderung ist der Eindruck entstanden, die Auswahl werde nach staatlichem Geschmack getroffen. Auch in anderen kulturellen Bereichen wurden die nationalen Töne schärfer. Die Personalauswahl bei der Leitung vieler Kulturinstitutionen erfolgt weiterhin ausschließlich nach parteipolitischem Interesse. In den Förderunterlagen heißt es, Filme, die gefördert werden, sollen von „nationalem Interesse“ sein. Das schlimmste Beispiel war u. a. die Besetzung der Leitung des Neuen Theaters Ende 2011 mit zwei rechtspopulistisch und antisemitisch denkenden Männern, an den inzwischen verstorbenen Schriftsteller István Csurka und an den Schauspieler György Dörner. Die Umbesetzung der Leitung des Budapester Frühlingsfestivals, der Filmwoche etc. bieten weitere Beispiele. Eine weitere bereits länger andauernde Auseinandersetzung betrifft den Intendanten des Nemzeti Szinház (Nationaltheater), Robert Alföldi, der wegen seiner liberalen Denkweise in einer unerträglichen Form ständig gegängelt wird. Die Off-Theaterszene lässt man am langen Arm verhungern, die zugesagten Förderungen werden verspätet oder gar nicht ausgezahlt. Aktuell ist der Leiter der Kunsthalle (ein Ausstellungsort zeitgenössischer Kunst) nach scharfer Kritik zurückgetreten, weil in einer Ausstellung („Was ist ungarisch?“) kritisch mit Fragen der Nationalität umgegangen wurde. Der Rat für die Künste Berlin fordert die Freiheit der Kunst und unterstützt die ungarischen Bürger, die für Demokratie kämpfen, und die Kultur- und Kunstschaffenden in Ungarn in ihren Bemühungen, ihre Kreativität und ihre Vorhaben ohne staatliche oder sonstige Bevormundung ausüben zu können.