Der ganze Bebelsplatz ist ein Denkmal!
06.05.2010, Offener Brief:
Herr Senator Harald Wolf – Senator für Wirtschaft, Technologie und Frauen Berlin
Herr Bezirksstadtrat Ephraim Gothe -Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung
Herr Bezirksbürgermeister Dr. Christian Hanke – Bezirksbürgermeister Mitte
Berlin, 6. Mai 2010
Der ganze Bebelsplatz ist ein Denkmal!10. Mai 1933 – Tag der Bücherverbrennung Der 10. Mai 1933, an dem die Nationalsozialisten zehntausende Bücher auf dem Berliner Bebelplatz den Flammen übergaben, hat einen bis heute spürbaren großen Verlust für Kunst und Kultur in Deutschland zur Folge. Viele Schriftsteller und Schriftstellerinnen konnten nach dieser Aktion nicht mehr veröffentlichen oder wurden ihrer Arbeitsmöglichkeiten beraubt und mussten ins Exil gehen. Bis heute sind viele Werke der „Verbrannten Dichter“ noch nicht wieder aufgelegt worden. Im Auftrag der Stadt Berlin hat Micha Ullman 1995 zur Erinnerung an die Bücherverbrennung unter dem Bebelplatz eine leere Bibliothek installiert, die durch ein in das Pflaster eingelassenes Fenster betrachtet werden kann. Diese leere Bibliothek symbolisiert den Verlust und die Vernichtung von künstlerischem Schaffen. Sie ist ein Monument für die Gedanken und Ideen, die im Feuer, durch Verfolgung und Ermordung unserem kulturellen Erbe entrissen wurden. Auch wenn sich die leere Bibliothek unter dem Bebelplatz befindet und erst sichtbar wird, wenn sie aufgesucht wird, so ist doch der ganze Platz Teil dieses Denkmals: In der leeren Bibliothek fokussiert sich die Vernichtungsaktion der Nazis, die auf dem Platz stattfand und geistige Leere hinterließ. Es zeugt von einer neuen geistigen Leere, wenn der Bebelplatz in den letzten Jahren immer wieder als eine leere Fläche wahrgenommen wurde, die – wie auch jetzt erneut geplant – für kommerzielle Events aller Art genutzt werden kann. Der Rat für die Künste fordert alle Verantwortlichen auf, diesen respektlosen und ignoranten Umgang mit dem Platz ein für allemal zu beenden. Die Berliner Kunst- und Kulturinstitutionen übernehmen ab sofort die moralische, historische und politische Verantwortung dafür, dass dieses Denkmal in Zukunft geachtet wird. Sie werden sich für den Schutz des Denkmals engagieren und geeignete Mittel entwickeln, jede kommerzielle Nutzung in Zukunft zu verhindern.
Rat für die Künste Berlin